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Situation von Menschen mit Migrationshintergrund auf dem Arbeitsmarkt

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Am 25.04.2016 lud die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen gemeinsam mit der AG-Migration und den SPD-Abteilungen Reinickendorf-Ost, Tegel–Freie Scholle sowie der Arbeitsgemeinschaft für Selbständige zu dieser Veranstaltung ein.

Von der Moderatorin Gabriele Thieme-Duske wurde Roland Tremper (stellv. Landesbezirksleiter ver.di), Boris Velter (Staatssekretär für Arbeit, Integration und Frauen) sowie Hakan Demir (stellv. Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt in der SPD) begrüßt, ferner die Karin Hiller-Ewers (Vorsitzende des Ausschusses für Integration in der BVV) sowie den Fraktionsvorsitzenden der SPD in der BVV, Gilbert Collé.

AfA Migration

Roland Tremper gab in seinen Einführungsworten an, dass bereits in den schriftlichen Bewerbungen die Problematik stecke, denn Menschen mit Migrationshintergrund würden in der Zahl mehr Bewerbungen schreiben. Dieses Problem könnte mit anonymisiert stattfindenden Bewerbungen gelöst werden, denn die Qualifikation stehe hier im Vordergrund. Seiner Meinung nach sei dies im Allgemeinen jedoch ein gesellschaftliches Problem.
Ferner müsse die Politik darauf achten, dass nicht unter dem Vorwand der leichteren Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt ein Vorwand für die Aushöhlung des Mindestlohns eröffnet werde.

Boris Velter meinte darin anknüpfend, man dürfe die Situation von Migranten nicht verallgemeinern. Teilweise leben in Berlin gut ausgebildete AkademikerInnen aus EU-Staaten, die jedoch bedauerlicherweise oftmals nur „jobben“ würden. Schwierigkeiten gäbe es vor allem bei der Anerkennung von Abschlüssen, denn z.B. Flüchtlinge hätten oftmals keine Unterlagen, welche ihre berufliche Qualifikation belegen, mitnehmen können, da sie vor Krieg und Vertreibung nach Berlin und Deutschland gekommen sind. Eine gute Vermittlungschance hätten Menschen mit Migrationshintergrund im Hotel- und Gaststättengewerbe, wenn auch die Interessierten merkten, dass es bis zum „TV-Koch“ ein weiter Weg sei. Er sei mit der Steuerungsgruppe Integration betraut worden und werde nun versuchen den vom Senat beschlossenen Masterplan umzusetzen. Problematisch sei, dass es in Deutschland ca. 170 verschiedene Titel für Aufenthalt und somit auch für die Arbeitsaufnahme gäbe. Daher spiele hier eine große Rolle, dass Menschen mit Migrationshintergrund vor allem Deutschkenntnisse erwerben, die in sogenannten Willkommensklassen vermittelt werden. Hier leistet z.B. auch ARRIVO gute Erfolge.

Hakan Demir griff die Diskriminierung zum Zugang auf den Berliner Arbeitsmarkt von Menschen mit Migrationshintergrund auf. Menschen mit ausländischen Namen haben es schwieriger zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Hier sollte der Berliner Senat mit gutem Beispiel vorangehen und im öffentlichen Dienst verstärkt Menschen mit Migrationshintergrund einstellen und fördern. Dies wurde vom Staatssekretär befürwortet und er verwies in diesem Zusammenhang auf das Neutralitätsgesetz hin. Wie weit der Begriff „Migrationshintergrund“ in seiner Nutzung schon selbst ein Problem darstellt, in dem er die Gesellschaft in „Einheimische“ und „Menschen mit fremden Wurzeln zerteilt wurde diskutiert.

Aus dem Publikum wurde von vielen Betroffenen die erlebte Fremdenfeindlichkeit im Ausländeramt beschrieben, die bereits ihre Anfänge in den Leitungsebenen haben. Würdigung fand trotz aller Schwierigkeiten die gute Arbeit der dort Beschäftigten. In Bildung zu investieren sei das Wichtigste was die Politik leisten müsste; waren einhellige Appelle an die Veranstaltungsteilnehmer.

Nachdem oft geäußerten „Gleichklang“ zwischen dem ver.di-Vertreter und dem Staatssekretär brachte Marcus Striek als Gewerkschaftler mit folgenden Anmerkungen bzw. Fragen in die Diskussion ein:

1) Willkommensklassen:
„Boris hat vergessen zu erwähnen, das prekär beschäftigte LehrerInnen gerne bereit sind 1.500 € aus eigener Tasche zu bezahlen, um an einen notwendigen Qualifizierungskursus teilzunehmen. Problem dabei ist, es gibt nur zwei Schulen, die dies anbieten und diese sind bis zum Sankt-Nimmerleinstag ausgebucht. Es fehlt grundsätzlich an geeigneten Unterrichtsräume und Ausstattung. Darüber hinaus müssen Schulleiter aus ihrem Budget die Kosten für Erstausstattung die W-Klassen aufbringen, in der Hoffnung diese dann erstattet zu bekommen?“
(Quelle: FA V – Stadt des Wissens/ AK Berufliche Bildung 07.04.2016)

In Friedrichshain-Kreuzberg beträgt die Beteiligung am Unterricht 70%, wie hoch diese in Berlin sei?
(Quelle: Jana Borkamp, Bezirksstadträtin für Weiterbildung und Kultur)

In der aktuellen Stellenausschreibung der zuständigen Senatsverwaltung werden Lehrkräfte für Willkommensklassen zunächst nur befristet eingestellt.
(Quelle: https://www.berlin.de/sen/bildung/suche.php?q=lehrkr%C3%A4fte+willkommensklassen)

2) Arbeitsmarktintegration:
„Boris nannte ARRIVO. Mit Stand vom Oktober 2015 wurden 25 Menschen in Ausbildung gebracht. Gibt es eine aktuelle Zahl?“
(Quelle: http://www.arrivo-berlin.de/)

„30% der Flüchtlinge in Berlin sind Analphabeten. Erschwerend kommt für alle Beteiligten hinzu, sie müssen ihre kaum vorhandenen Lese- und Schreibkompetenz im arabischen noch ins lateinische/römische umstellen.“
(Quelle: FA V – Stadt des Wissens/ AK Berufliche Bildung 07.04.2016)

„Wie sieht es der Senat, wenn – für Einstiegsqualifizierung – Unternehmen 250 € zahlen (buchhalterisch: Sachkosten) an Flüchtlinge die ein Praktikum absolvieren, aber aus Steuergeldern von der Arbeitsagentur nochmals 216 € (86%) oben auflegen…dafür, dass einem Flüchtling der Umgang mit einem Schraubendreher, Gliedermaßstab und der Umgang mit Maschinen vermittelt und man sich kennen lernt!?“
(Quelle: rbb Abendschau 08.04.2016, Tornado Antriebstechnik in Tegel)

3) Flüchtlingsunterkünfte:
„Boris erwähnte das HoGa-Gewerbe und die TV-Köche. Die Stimmung in der Berliner Bevölkerung ist in den letzten 3 Monaten gekippt! Dank der erst geheimen Verhandlungen des Senats über die Unterbringung in 22 Hotels. Kosten ca. 660 Mio. Euro…Steuergelder wohl bemerkt…teilweise in 4-Sterne-Kategorie. Nunmehr bleiben – auf Druck der Öffentlichkeit – nur zwei übrig…eins am Kutschi…“Hotel Bärlin“.
(Quelle: FAZ 01.02.2016, Zeit-online 10.03.2016, Berliner Abendblatt Ausgabe 06 v. 13.02.2016 und viele andere mehr)

Zum Punkt 3) erwiderte die BVV-Abgeordnete Hiller-Ewers in einer recht forscheren Art und Weise, dass dies nicht wahr sei: „Diese Gerüchte können hier nicht einfach in die Welt gesetzt werden! Das Bezirksamt hat diese Unterbringung aus Kostengründen abgelehnt. Man müsse dies schon richtig erzählen und keine Halbwahrheiten! Außerdem waren die Hotels vielleicht nicht rentabel genug, solche Fehlinformationen zu verbreiten kann man nicht stehen lassen.“
Nachfrage ob dies auch vom Bezirksamt öffentlich kommuniziert wurde, da man nichts in den Medien darüber gefunden habe und die Ängste von hunderten Beschäftigten – die vielleicht nicht mehr Wähler der SPD sind – z.B. des Hotels President an der Urania, sind nun einmal Fakt!

Roland Tremper erklärte, dass ihm diese Problematik mit dem Hotel Präsident bekannt sei. Eine weitere Äußerung aus dem Publikum war, dass der Senat für die wirtschaftliche Schieflage mancher Hostels verantwortlich sei, da dieser seine Rechnungen nicht begleiche und die Betroffenen wiederum ihre Lieferanten und Mitarbeiter nicht bezahlen konnten.

Selbstverständlich werden die Verfasser mit dem nötigen Gebot der Klarheit und Wahrheit zur Aufklärung beitragen. Sicherlich wird die BVV-Abgeordnete Hiller-Ewers der Bitte nachkommen und hier der „Fehlinformation“ Einhalt zu gebieten. Bis dahin bestreitet der Mitverfasser Marcus Striek dies mit Nichtwissen. Denn in wie weit der Berliner Senat die Entscheidungen an das BZA abgegeben hat konnte zurzeit nicht recherchiert werden.
Zu diesem Thema kann jedoch auf das Inhalts-Protokoll der zuständigen Fachausschuss-Sitzung (Gesundheit und Soziales) vom 02.05.2016 verwiesen werden. In der aktuellen Viertelstunde wurde zu dieser konkreten Thematik und aus aktuellem Anlass dieser Veranstaltung, der zuständige Senator Mario Czaja befragt.
(Quelle: http://www.parlament-berlin.de/ados/17/GesSoz/protokoll/gs17-076-ip.pdf)

In diesem Zusammenhang sei auf den Jahresbericht 2016 des Rechnungshofs von Berlin hingewiesen, in diesem unter anderem Mängel beim Vertragsmanagement beanstandet wurden.
(Quelle: https://www.berlin.de/rechnungshof/aktuelles/veroeffentlichungen/artikel.357519.php)

Gabriele Thieme-Duske/Sven Meyer/Marcus Striek

 

 

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