100-Tage-Programm und Nachtragshaushalt

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Offener Brief des AfA-Landesvorsitzenden Christian Haß an die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus
(zum Download)

 

100-Tage-Programm und Nachtragshaushalt

Lieber Raed,

Liebe Genossinnen, liebe Genossen,

in den nächsten Tagen und Wochen wird über einen Nachtragshaushalt entschieden.
Auch hat der Senat ein 100 Tage Programm auf den Weg gebracht.

Der AfA Landesvorstand ist der Auffassung, dass die SPD Fraktion im
Abgeordnetenhaus mit dafür Sorge tragen muss, dass mit dem Nachtragshaushalt und
dem 100 Tage Programm ein wirklicher Kurswechsel eingeleitet wird, ein Neuanfang,
der eine Perspektive gibt.

Es geht nun darum, mit ersten Maßnahmen das Versprechen der
Koalitionsvereinbarung von Rot-Rot-Grün in die Tat umzusetzen: „Die Koalition wird
prekäre Arbeit zurückdrängen.“

Dabei zählt nicht das Wort, sondern die Tat.

An wenigen Beispielen wollen wir Euch aufzeigen, um welche Entscheidungen es geht:

Bei Vivantes sind die Tarifverhandlungen für die VSG kurz vor Weihnachten durch den
Arbeitgeber abgebrochen worden. In der Koalitionsvereinbarung steht, dass auch für
Landesunternehmen und ihre Tochterunternehmen, die bisher noch nicht
tarifgebunden sind, zügig mit dem Ziel der Beschäftigungssicherung und der
Angleichung an den TVÖD Tarifverträge abgeschlossen werden.“ Der Abbruch der
Verhandlungen ist das Gegenteil dessen, was im Koalitionsvertrag steht. Das ist ein
falsches politisches Signal und sollte sofort korrigiert werden.

Wir erinnern daran, dass es Beschlusslage der SPD ist, dass die Ausgliederung der
Therapeutischen Dienste GmbH zurückgenommen wird und die Integration der
Mitarbeiter in die Muttergesellschaft erfolgen soll.

Für die CFM sind die Tarif-Verhandlungen immer noch nicht abgeschlossen und
stagnieren. Nach Aussage der CFM Geschäftsführung ist im Wirtschaftsplan für 2017
kein zusätzliches Geld für Tarifsteigerungen an der CFM vorgesehen. Hier muss
dringend schon im Nachtragshaushalt im Sinne der Umsetzung der
Koalitionsvereinbarung die Finanzierung abgesichert werden.
Zu den Musikschulen und den Volkshochschulen heißt es: „Die Entlohnung für
Lehrkräfte an Volkshochschulen und Musikschulen wird die Koalition erhöhen und
prüfen, wie eine bessere soziale Absicherung sichergestellt werden kann. Dafür
werden bei dauerhaftem Tätigkeitsbedarf Honorarverträge in Arbeitsverträge
umgewandelt, mit einem Zwischenziel von mindestens 20 Prozent Festangestellten bis
2021.“ An den Musikschulen liegt der Anteil derzeit bei 7% – also ein wichtiger Schritt
nach vorn. Es heißt dann etwas im Vagen gehalten weiter: „Für arbeitnehmerähnliche
Beschäftigte will die Koalition eine tarifvertragliche Regelung abschließen.“ Damit sind
zentrale Fragen der sozialen Absicherung von VolkshochschullehrerInnen verbunden,
seit Langem von den KollegInnen erhobene Forderungen. Bei den Verhandlungen
bleibt die Forderung nach Orientierung an dem Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes
aktuell. Wir sind der Meinung, dass erste Schritte zur Umsetzung dieser Forderung
schon im Rahmen des Nachtragshaushaltes ergriffen werden müssen.

Zu den freien Trägern ist in der Koalitionsvereinbarung zu lesen: „Im Bereich der
Zuwendungsempfangenden will die Koalition mehr Mittel zur Verfügung stellen, damit
Tarifsteigerungen (…) Rechnung getragen werden kann.“ Es gibt ca. 3.000 freie Träger
im Land Berlin. Es ist dringend erforderlich, den Vorschlag der KollegInnen
aufzugreifen und erste Schritte dafür zu unternehmen, damit alle Träger verpflichtet
werden, nach TVL / TVöD bzw. an diesen angelehnten Vergütungssystemen zu
entlohnen und die entsprechenden Kosten zu refinanzieren

In diesem Zusammenhang, möchten wir auf das Kulturwerk des bbk Berlin, das
einen Tarifvertrag dem TVöD entsprechend abgeschlossen hat, dessen
Ausfinanzierung durch den Senat zurzeit aussteht.

Bei den Kinder- und Jugendambulanzen darf es zu keiner Entfristung und zu
betriebsbedingten Kündigungen kommen, um die Kosten des von den Beschäftigten
erreichten Tarifvertrags zu kompensieren. Das können wir nicht akzeptieren. Die
KollegInnen verweisen darauf, dass zahlreiche Stellen zur Zeit nicht besetzt sind, die
die Arbeitsfähigkeit bedrohen. Die Ausfinanzierung der Kinder- und Jugendambulanzen
muss gewährleistet werden.

Zu den Lehrbeauftragten an den Hochschulen heißt es: „(…) Für Daueraufgaben
sollen Dauerstellen geschaffen werden. Die Koalition wird die Mindesthonorare für
Lehraufträge erhöhen und den Anteil der Lehraufträge, die nicht dem Wissenstransfer
aus der Praxis dienen, zugunsten regulärer Arbeitsverhältnisse senken.“

Dies entspricht in Vielem den Forderungen der KollegInnen. Damit die
Absichtserklärungen in der Koalitionsvereinbarung auch wirklich umgesetzt werden,
sollte bei den zurzeit stattfindenden Verhandlungen über die Hochschulverträge 2018-
2021 Ziel sein:

. Schaffung regulärer Arbeitsverhältnisse (auch in Teilzeit) bei Daueraufgaben;

. Festanstellung der jetzigen Lehrbeauftragten, die bereits Daueraufgaben
wahrnehmen, die schrittweise erfolgen muss und in einem bestimmten Zeitraum
erreicht werden sollte; (…)
. Dabei muss der Senat nicht nur für die entsprechende Finanzierung sorgen,
sondern auch Kontrollinstrumente entwickeln, um sicher zu stellen, dass die
Hochschulen die Finanzmittel entsprechend ihrer Bestimmung verwenden.
Am Botanischen Garten wurde am Ende einer langen Tarifauseinandersetzung
endlich der Tarifvertrag unterschrieben. Die Leitung des Botanischen Gartens hat
jedoch zeitgleich zum Abschluss des Tarifvertrages die Schreinerwerkstatt stillgelegt.
Damit wird nach der Ausgliederung des Bereichs Reinigungsservice und der
Fremdvergabe der Schmuck-, Duft- und Tastgärten, das nächste Outsourcing
vorbereitet und der Tarifvertrag umgangen. Das ist nicht zu akzeptieren.

Es geht um Forderungen der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften, die auch auf
Initiative sozialdemokratischer Abgeordneten in die Koalitionsvereinbarungen
aufgenommen wurden. So haben wir uns als AfA-GenossInnen wiederholt für diese
Forderungen eingesetzt und es gibt entsprechende Parteitagsbeschlüsse.

Wir wissen, dass nicht alle Probleme auf einmal gelöst werden können. Aber wir
möchten hiermit das berechtigte Anliegen der KollegInnen und der Gewerkschaften
aufnehmen und an Euch die Forderung richten, Sorge dafür zu tragen, dass vom Senat
die Entscheidung für einen Stufenplan von Maßnahmen für die Erfüllung der
Forderungen Kolleginnen und Kollegen fällt. Dazu gehört, genau zu bestimmen, welche
Maßnahmen ergriffen werden, um prekäre Arbeit im öffentlichen Bereich „zurück zu
drängen“, mit dem Ziel, sie aufzuheben. Das verlangt auch klare Entscheidungen über
eine ausreichende Finanzierung zur Durchsetzung der genannten Maßnahmen.

Erste Schritte sollten mit dem Nachtragshaushalt erfolgen.

In Erwartung Eurer Antwort,

mit freundlichen Grüßen

Euer Christian Haß

(AfA Landesvorsitzender)

 

 

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